Vorbemerkung: alle verwendeten Berufs-
oder Positionsbezeichnungen werden zwecks besserer Lesbarkeit in der dem
Österreichischen Wörterbuch entsprechenden Form verwendet (z.B. Autor),
gemeint sind aber selbstverständlich jeweils geschlechtsneutral sowohl
Autorinnen als auch Autoren.
I. Einleitung
Die Idee, Lernenden für ihre individuelle Lernkarriere ein E-Portfolio, also eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die es ermöglicht, persönliche Lerninhalte zu dokumentieren, zu präsentieren, sowie darüber zu reflektieren, gilt zu Recht als geeignetes Mittel, der Vision des lebenslangen Lernens ein Stück näher zu rücken. Allerdings sind nach Meinung der Autoren in diese Überlegungen zwei Aspekte unbedingt miteinzubeziehen, denen interessanterweise in den üblichen Auseinandersetzungen über Technologien, Contentaufbereitung oder Software-Funktionalitäten nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird: die Referenzierbarkeit und damit verbunden die verlässliche Verfügbarkeit online vorliegender Information.
Dies gilt insbesondere dann, wenn man wie hier vertreten
das wesentliche Potenzial von E-Portfolios in ihrer Funktion als persönlicher
Reflexionsraum sieht, in dem auch Informationen externer Quellen (Lerninhalte,
E-Portfolios Dritter) verarbeitet, sowie weitere Personen miteinbezogen
werden. Dies lässt sich nur dann effektiv verwirklichen, wenn es
gelingt, eine transparente Lösung dafür zu entwickeln, ob und
wie lange die Information verfügbar bleibt und wie man verlässlich
auf sie referenzieren kann.
Im geplanten Tagungsbeitrag wird als Lösung für die Problemstellung
der verlässlichen Verfügbarkeit ein Konzept zur Vergabe von
Bestandsgarantien vorgeschlagen.
II. Problemstellung
Ziel des Lernens mittels E-Portfolios ist die Schaffung eines neuartigen
Lernumfelds, das speziell an die Bedürfnisse sogenannter Wissensarbeiter
angepasst ist.
Der Fokus liegt auf dem Lernprozess: Es entsteht neues Wissen, indem bestehendes
identifiziert, nutzbar gemacht und kombiniert wird. Essentieller Bestandteil
dabei ist das Element des sozialen Lernens, die Möglichkeit, andere
in den Lernprozess miteinzubeziehen.
E-Portfolios werden dann nicht nur genutzt, um Endergebnisse zu transportieren,
sondern vor allem auch dafür, frühestmöglich Anregungen Dritter in Denkprozesse
einließen zu lassen und eine kritische Auseinandersetzung einzuleiten.
Das Ergebnis solcher webbasierter Wissensarbeit ist dynamisch verlinkter
Hypertext eines Autorenkollektivs. Durch Kontextualisierung und Einbettung
der einzelnen Informationsbausteine (micro contents) in das E-Portfolio
entsteht ein dynamischer Lernraum, der wesentlich besser als die bisherigen,
statischen Abbildungen von Wissen geeignet ist, die Anforderungen an das
Lernen in der modernen Wissensgesellschaft zu erfüllen.
Jedoch gilt es gegenwärtig noch ein fundamentales Hindernis zu überwinden:
die Unsicherheit darüber, ob und wie lange die vernetzten, nur teilweise
selbst erstellten Texte bzw. Textbausteine verfügbar bleiben. Es gibt
derzeit kein anerkanntes Prinzip, auf das sich Autoren verlassen könnten,
wenn sie einen webgenerierten Textbaustein in ihren Hypertext einbauen
möchten.
Für die Lösung dieser Problemstellung gilt es zwei Aspekte zu beachten:
Erstens ist es entscheidend, dass die Institution, die das E-Portfolio
zur Verfügung stellt, eine transparente Strategie entwickelt, wie mit
den entstehenden Inhalten in Zukunft verfahren wird, dh. vor allem wie
lange sie verfügbar bleiben. Diese Notwendigkeit besteht unabhängig von
der Möglichkeit, E-Portfolio-Inhalte zwischen Systemen und Institutionen
zu transferieren. Denn einerseits ist es für den Eigner des E-Portfolios
natürlich unabdingbar, seinen persönlichen Lernraum dauerhaft nutzen zu
können, andererseits sind in Bezug auf die entstandene Hypertext-Struktur
davon auch alle anderen Vertreter des Autorenkollektivs betroffen.
Während diese Problematik zunehmend thematisiert wird, gilt das Hauptaugenmerk
dieses Beitrags einem zweiten, bisher kaum diskutierten Aspekt. Geht man
nämlich von einem stabilen Umfeld im Rahmen einer bestimmten Institution,
z.B. einer Universität aus, so bleibt für das Funktionieren von Hypertextstrukturen
immer noch die Voraussetzung, dass sich auch die verschiedenen Eigner
von miteinander vernetzten E-Portfolios gewissen Regeln im Umgang mit
den von ihnen erstellten Inhalten zu unterwerfen haben, insbesondere was
das Löschen von Information betrifft.
Da derzeit jedoch die Autoren keine Möglichkeit haben, anderen zu signalisieren,
wie diese mit den zur Verfügung stehenden Texten verfahren können, fehlt
eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Entstehung und Weiterentwicklung
dauerhaft (bis zu lebenslang?) nutzbarer dynamischer Hypertextstrukturen.
Diese Problemstellung stellt den Ausgangspunkt zu folgenden Überlegungen
dar.
Die einfachste Lösung, das Problem der verlässlichen Verfügbarkeit zu
lösen, wäre, online publizierte Informationen unverändert unter derselben
Internetadresse für immer zugänglich zu halten. Intuitiv wird man aber
sofort zu dem Schluss kommen, dass nur schwer realisierbar sei. Das Hauptargument
ist ökonomischer Natur: Wer soll das bezahlen?
III. Ein Lösungsweg: die Bestandsgarantie
Der hier vorgeschlagene Lösungsansatz sieht vor, Autoren die Möglichkeit
zu geben, beim Erstellen ihrer Texte verlässliche Aussagen über die Verfügbarkeit
der Information mitzuliefern. Im Wesentlichen geht es darum, in den Metadaten
zu einem Stück Information nicht nur anzugeben, wer der Verfasser des
Artikels ist, wer die Urheberrechte besitzt, wann der Artikel publiziert
wurde etc., sondern auch aufzuzeigen, wie lange diese Information unter
dieser eindeutigen Adresse verfügbar bleiben wird. Es handelt sich im
Grunde um eine Selbstbindung des Publizierenden, der versichert, die veröffentlichte
Information nicht vor Ablauf einer bestimmten Frist zu löschen.
Der geplante Tagungsbeitrag wird folgende Fragestellungen näher behandeln:
- Systematik bei der Vergabe einer Bestandsgarantie:
- Vergabe durch den Autor, durch Leser (bzw. Zitierende), Vorgaben durch
die Institution
- Beschränkungen bei der Vergabe von Bestandsgarantien:
- zeitliche Limits
- Speicherplatz
- Mögliche Auswirkungen der Bestandsgarantie:
- vermehrtes hypertext-basiertes Arbeiten
- Umgang mit Online-Information generell
- die Bestandsgarantie als Qualitätsindikator (z.B. nutzbar für
Such-Rankings)
- effiziente Löschmechanismen
© Mag.
Max Harnoncourt
© Mag. Paul
Meinl
© Mag. Lotte
Krisper-Ullyett
Eine für den Drucker geeignete Version des Textes finden Sie hier:
Bestandsgarantie für digitale Information
als Voraussetzung für vernetzte E-Portfolios (PDF, 34 kB)
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